Neulich wurde ich nach dem Unterschied zwischen den "modernen" Modellen von Koistinen und Lovikka gefragt. Da ich davon jeweils nur die fünfsaitigen Versionen habe, möchte ich die Unterschiede an diesen beiden Instrumenten zeigen. Das meiste gilt aber sinngemäß auch für die 11-saitigen Modelle der beiden Hersteller.
Vorweg ist zu sagen: beide Instrumente sind hervorragend verarbeitet. Bei beiden Instrumenten ist der Korpus aus dem massiven Holz herausgefräst (vermutlich CNC-gesteuert). Dadurch gibt es wahrscheinlich auch kaum Qualitätsschwankungen innerhalb der Bauserien. Mit beiden Instrumenten fährt man gut, und ich kann auch keine großen klanglichen Unterschiede feststellen.
Die Frage "Koistinen oder Lovikka?" ist also letztlich eine Frage der persönlichen Vorlieben. Ich möchte hier vier Aspekte hervorheben:
1. Instrumentenform
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Draufsicht Koistinen Wing 5 (oben) und Lovikka Modern 5 (unten).
Eigenes Foto. |
Das Foto macht die typische Form beider Modelle deutlich: bei Koistinen eine sehr großflächige Decke, komplett abgerundet. Das Koistinen-Modell ist schmaler und hat dort, wo die tiefen Saiten auslaufen, die typische Einbuchtung. Außerdem ist die Kante des Instruments an dieser Seite noch einmal abgefast.
Man sieht hier auch eine Besonderheit des Koistinen-Modells, die mich persönlich ein wenig stört: das Deckenholz ist Erle, die geschwungene Auflage für die rechte Hand dagegen aus dem deutlich helleren Ahorn-Holz. Das sieht bei Natur-Lackierung für mich etwas seltsam aus - bei einem farbig lackierten Modell spielt es freilich keine Rolle.
2. Halbtonhebel
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Halbtonhebel bei Koistinen (oben) und
Lovikka (unten). Eigenes Foto. |
Bei beiden Herstellern sind die Halbtonhebel ein kostenpflichtiges Extra. Bei Koistinen kostet jeder Hebel derzeit 50,-- Euro Aufpreis, bei Lovikka werden pro Hebel 45,-- Euro fällig. Üblich und sinnvoll ist bei den fünfsaitigen Modellen jeweils ein Hebel an der mittleren Saite, um schnell von f nach f# umschalten zu können. Bei den 11-saitigen Modellen empfehlen sich 5 Hebel. Einzelheiten zu den damit erzielbaren Stimmungen gibt's direkt
im vorigen Beitrag dieses Blogs.
Auch wenn der Hebel bei Koistinen schön geschwungen ist, gefällt mir persönlich die Lösung von Lovikka besser. Bei Koistinen stört mich, dass an der Stelle, wo die Saite am Hebel entlangläuft, Kunststoff verwendet wird. Sicher möchte man damit einem Abreißen der Saite an dieser Stelle entgegensteuern - aber für mich sieht das auch wie ein Verschleißteil aus. Meine Befürchtung ist, dass sich die Saite im Lauf der Zeit in den Kunststoff "hineinfrisst" und irgenwann eine Reparatur erfordert. Außerdem missfällt mir bei Koistinen, dass die Schraubhülse des Hebels messingfarben ist (im Unterschied zu den chromfarbenen Stimmwirbeln und dem eigentlichen Halbtonhebel) - und dass mehrere Schrauben-Windungen aus dem Holz ragen. Das sieht für mich bei Lovikaa einfach alles solider und "stimmiger" aus.
Beide Systeme funktionieren aber gleich gut und verändern die Saite je nach Hebelstellung ziemlich exakt um einen halben Ton nach oben bzw. nach unten.
3. Saitenführung
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Saitenführung auf der Stimmwirbelseite bei Koistinen (oben)
und bei Lovikka (unten). Eigenes Foto. |
Im Zusammenhang mit den Halbton-Hebeln ist ein weiteres Detail zu beachten. Bei Lovikka sind die Saiten, an denen sich kein Stimmhebel befindet, in traditioneller Weise direkt vom Stimmwirbel weggeführt. Dort, wo sich ein Hebel befindet, ist allerdings ein zusätzlicher Führungsstift erforderlich (siehe untere Hälfte des obenstehenden Fotos). Dadurch liegt diese Saite sozusagen an drei Stellen an, die Saiten ohne Hebel aber nur an einer. Das verändert die Saitendruck-Verhältnisse etwas - und auch ganz leicht den Klang. Außerdem verschiebt es auf dieser Saite auch leicht die Oberton-Positionen, das hatte ich
an dieser Stelle schon einmal beschrieben (erstes Foto im dortigen Post). Deshalb macht es Koistinen so, dass sie grundsätzlich
vor jeden Stimmwirbel einen zusätzlichen Stift setzen - selbst bei Kantelen, auf denen überhaupt keine Halbton-Hebel installiert sind (siehe obere Hälfte des obenstehenden Fotos). So fällt keine Saite klanglich aus der Reihe, und auch die Obertonposition bleibt schön regelmäßig.
4. Saitenhalterung
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Saitenhalterung bei Koistinen (oben) und
Lovikka (unten). Eigenes Foto. |
Schließlich noch ein Unterschied: Lovikka hat sich auch bei seinen "modernen" Modellen für eine eher traditionelle Lösung entschieden, was die Aufhängung der Saiten betrifft. Bei Lovikka ist dieses Teil im Wesentlichen wie ein klassischer "Ponsi" gestaltet - lediglich ein wenig eckiger. Beim 11-saitigen Modell befindet sich etwas außerhalb der Mitte noch einen weiteren hölzernen Steg. Auf der Bassseite sind sechs Saiten aufgehängt, auf der Diskantseite nur fünf.
Koistinen hängt alle Saiten jeweils an Einzelstiften auf (so, wie es auch andere Hersteller tun).
Klanglich nimmt sich das nichts, es ist vor allem eine Frage der Optik.
Wer sich für die Modelle von Lovikka oder Koistinen interessiert, hat also die Qual der Wahl. Beide Instrumente sind von der Verarbeitung her vergleichbar. Unterm Strich sind die Modelle von Koistinen etwas teurer als die Modelle von Lovikka.
Wer vor allem wegen der Halbton-Hebel zu den beiden Marken tendiert, dem empfehle ich jedoch, über folgende Alternative nachzudenken: eine 11-saitige Lovikka mit fünf Stimmhebeln kostet derzeit 505,-- Euro, eine Koistinen mit dieser Ausstattung sogar 685,-- Euro; jeweils zuzüglich Porto und Versandkosten. Die Hebel sind praktisch, wenn man etwa auf der Bühne schnell zwischen Dur und Moll umstimmen muss. Wo das nicht erforderlich ist, sollte man überlegen, ob man statt des teuren Hebelsystems nicht lieber zwei Kantelen ohne Hebelsystem anschafft. So habe ich mich letztlich entschieden: eine meiner zehnsaitigen Kantelen von Melodia Soitin ist in Dur, die andere in Moll gestimmt. Ich wechsle einfach das Instrument. Und sollte mal Besuch kommen und mit mir zusammen Kantele spielen wollen, dann habe ich stets zwei Instrumente zur Verfügung. Und günstiger ist diese Lösung auch noch: eine 10- oder 11-saitige Kantele von Melodia Soitin kostet derzeit 215,-- Euro zuzüglich Porto.
Text und Fotos: Peter Widenmeyer, 2015