Montag, 2. März 2015

Die liebe Verwandtschaft...

Auch wenn die Kantele immer mal wieder als "finnisches Nationalinstrument" bezeichnet wird, so ist ihre Verbreitung keineswegs auf Finnland beschränkt. Instrumentenkundlich gehört sie ja zu den "griffbrettlosen Kastenzithern". Auf Englisch heißt die entsprechende Kategorie "Baltic psalteries".
Die Kantele ist jedoch weit über Finnland und auch weit über das Baltikum hinaus verbreitet.
Je nach Region weicht die äußere Form, die Anzahl der Saiten, die Art der Verzierung zwar leicht ab - das Prinzip zieht sich jedoch durch.


Tuula und Kari Dahlblom haben im zweiten Kapitel ihres Buches "Keski-Suomen Kantele" (ISBN 978-952-92-9447-3) sowohl das Verbreitungsgebiet als auch die verschiedenen Bezeichnungen zusammengestellt (S. 18).
Schon in Finnland gibt es - wie schon an anderer Stelle erwähnt - neben der Bezeichnung "kantele" auch die Bezeichnung "kannel". In Karelien (das ja teilweise zu Finnland, teilweise zu Russland gehört) findet sich auch die Aussprache "kandeleh" - und die Samen sagen zu dem Instrument "harppu".
"Kannel" sagt man auch in Estland. In Litauen heißt es "kanklès", und in Lettland hört man "kokle", "kuōkle" oder auch "kokles". Dort hat man dem Instrument im Jahr 2013 auch durch eine Sonderprägung der 1-Lats-Münze ein Denkmal gesetzt. Leider ist das insofern Geschichte, als seit 2014 auch in Lettland mit dem Euro bezahlt wird - die Münze hat seitdem den festen rechnerischen Gegenwert von immerhin 1,422872 Euro.

1-Lats-Münze aus Lettland aus dem Jahr 2013.
Die Münze zeigt eine 9-saitige Kokle. Eigenes Foto.

In Russland heißt das entsprechende Instrument "gusli", in Polen "gęśle", in der Ukraine "husli", und in den Gegenden südlich des Ural hört man Begriffe wie "kesle, kjosle, kysle", bei den Tataren "guslja, göslja, keslja", weiter nördlich hört man dann "kärš, kysle, krez". Die Verwandtschaft der Begriffe ist offensichtlich. Ganz im Norden - in dem Gebiet, aus dem, grob gesprochen, die Vorfahren der heutigen Finnen stammen - bezeichnen dann Wörter wie "sangkwyltäp, narkas-jugh, nars-jux" das Instrument.

Das Buch von Kari Dahlblom kann ich übrigens nur wärmstens empfehlen. Es ist zwar auf finnisch geschrieben, ist aber zugleich ein wunderschönes "Bilderbuch" mit vielen Fotos alter Kantelen aus Mittelfinnland. Einfach schmökern und genießen!

Text und Foto: Peter Widenmeyer

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