Samstag, 12. September 2015

Jetzt wird D-molliert!

Keine Angst - es wird jetzt nicht destruktiv! Im Gegenteil - das Umstimmen auf D-Moll erweitert das Repertoire erheblich. Und zwar unabhängig davon, ob man lieber Melodien spielt oder einfach nur mit Akkorden die eigene Stimme oder ein Melodie-Instrument begleiten möchte.

Um die fünfsaitige Kantele auf D-Moll umzustimmen, muss man lediglich die mittlere Saite (in diesem Fall f#) um einen Halbton herunterstimmen. Ein Stimmgerät erleichtert das kleine Manöver. Noch leichter haben es alle, deren Kantele an der mittleren Saite einen Halbton-Hebel hat. Einfach nur umlegen, schon kann man von Dur nach Moll wechseln - und umgekehrt. Das wurde hier im Blog schon an anderer Stelle erläutert.

Und so sieht die Moll-Tonleiter auf der fünfsaitigen Kantele dann aus:

D-Moll-Tonleiter auf der fünfsaitigen Kantele. Eigene Grafik.

Auf der zehn- bzw. elfsaitigen Kantele muss man ein paar Saiten mehr umstimmen - und je nach gewünschtem Lied auch eine Entscheidung treffen. Denn in der musikalischen Tradition gibt es verschiedene "Arten" von Moll-Tonleitern. An dieser Stelle lassen wir das sogenannte "Zigeuner-Moll" und das Melodisch Moll (bei dem die Aufwärtsskale anders aussieht als die Abwärtsskala) außer acht.

Es bleiben dennoch zwei gängige Moll-Varianten, die ich im folgenden kurz erläutern möchte: nämlich "Natürlich Moll" und "Harmonisch Moll".

Natürlich Moll
Zu jeder Dur-Tonart gibt es eine "verwandte" Moll-Tonart. Diese verwandten Tonarten erkennt man daran, dass sie in der Notenschrift dieselben Vorzeichen haben - sie starten aber jeweils mit einem unterschiedlichen Grundton. D-Moll ist die Parall-Tonart zu F-Dur. In der Notenschrift haben beide Tonarten ein "b" als Vorzeichen. Der Ton "h" (internationale Schreibweise "b") kommt also in diesen Tonleitern nicht vor, sondern wird zum Ton "b" (internationale Schreibweise "bb") erniedrigt.

Startet man auf dieser Skala beim Ton "d", so ergibt sich eine Moll-Skala, die für viele Lieder und Melodien passt. Was die Akkordbegleitung angeht, ändert sich an den Griffbildern gegenüber der Dur-Stimmung nicht viel: bei gleicher Fingerstellung ergibt sich halt jetzt statt "D" der Akkord "Dm" (D-Moll - manchmal auch einfach mit einem Kleinbuchstaben "d" gekennzeichnet), statt "G" der Akkord "Gm" bzw. "g" (G-Moll) und aus "A7" wird jetzt "Am7" oder einfach "a7" (A-Moll sieben). So weit, so gut.

Harmonisch Moll
Eine kleine Veränderung dieser "natürlichen" Moll-Skala bietet aber die Möglichkeit, ein wenig mehr "Spannung" in Moll-Lieder zu bringen. Dazu wird z.B. bei der D-Moll-Tonleiter der siebte Ton der Skala (also c) um einen Halbton erhöht, also auf c# hochgestimmt. Diese Skala nennt sich "harmonisch Moll", weil sich ein wichtiger Akkord, die sogenannte Dominante, dadurch in ihrer Harmonie dramatisch verändert. Wie beim Natürlich Moll wird in dieser Stimmung beim Akkordspiel gegenüber der Dur-Stimmung aus "D" ein "Dm" und aus "G" ein "Gm".
Aber: der aus der Dur-Stimmung bekannte Akkord "A7" verändert sich beim Harmonisch Moll nicht in einen Moll-Akkord, sondern bleibt ein scharfer, drängender, spannungsreicher "A7" aus der Dur-Familie!

Je nachdem, welche Akkorde zum gewünschten Lied passen - insbesondere also, ob man Am7 (A-Moll sieben) oder A7 (A-Dur sieben) braucht, sollte man die Kantele also entsprechend durchstimmen. In Notenschrift sehen die beiden Stimmungen für die zehn- bzw. elfsaitige Kantele dann so aus:

Natürlich Moll und Harmonisch Moll auf der zehnsaitigen Kantele. Eigene Grafik.

Natürlich Moll und Harmonisch Moll auf der elfsaitigen Kantele. Eigene Grafik.

Für die zehnsaitige Kantele ergeben sich aus diesen beiden Moll-Varianten folgende Griffbilder:

Grifftabelle (Auszug) für zehnsaitige Kantele. Eigene Grafik.

Übrigens: man fragt sich ja manchmal, warum die Urform der Kantele in Finnland nur fünf Saiten hat, während die ganz "kleinen" Kantele-Verwandte im Baltikum oft zumindest über 6-7 Saiten verfügen. Hier könnte einer der Grunde dafür liegen: für den Wechsel von Dur auf Moll muss nur eine einzige Saite verändert werden. Hätte die Kantele zusätzlich eine C-Saite oder eine H-Saite (oder beides), dann müssten 1-2 weitere Saiten umgestimmt werden.

So bleibt aber auf der fünfsaitigen Kantele einfach manches offen: ob "A7" ein Am7 oder A7 ist, darüber muss man sich bei der fünfsaitigen Kantele keinen Kopf machen - der selbe Griff passt für beide Akkordangaben.

Text und Grafiken: Peter Widenmeyer, 2015

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