Samstag, 25. April 2015

Ausgebügelt! Naja, fast...

Von wegen "Männer helfen nicht im Haushalt mit..." Ich habe heute gut 20 Minuten lang gebügelt. Und das kam so...

Ich saß grade mit meiner noch recht neuen Lovikka-Kantele am Wohnzimmertisch. Beim Aufstehen kam mir der Gurt, der ungenutzt und von mir unbeachtet vor meinen Knien baumelte, in die Quere und das Instrument fiel auf die Fliesen am Boden.

Leider hat das Instrument ein paar Blessuren davongetragen - eine Macke an der Längsseite der Decke und ein paar Lack-Abplatzer an der Spitze. Mmh.

Autsch! Üble Schramme auf der schönen Erlendecke.
Hier sieht man, wie scharfkantig die Macke aussieht.
Auch der Lack ist deformiert.
Auch die Spitze hat's erwischt. Die Verformung hält sich in Grenzen,
aber der spröde Lack hat sich stellenweise gelöst.

Was tun? Wie kriegt man Macken wieder aus dem komprimierten Holz? Vakuum ist keine Lösung. Ich erinnerte mich, dass Holz aufquillt, wenn man es nass macht. Sicherheitshalber suchte ich vor der Erprobung und stieß in irgendeinem Forum (sorry, ich weiß wirklich nicht mehr wo) auf den Tipp, die Wirkung des Wassers durch etwas Wärme noch zu verstärken - mithilfe eines Bügeleisens!

Zum Glück sind die meisten finnischen Klein-Kantelen aus massiven Hölzern gebaut, auch die Lovikka besteht aus massiver Erle. Also ran ans Werk - es kommt auf einen Versuch an!

Das erforderliche Werkzeug.

Außer einem Bügeleisen benötigt man einen Leinenlappen. Etwas Wasser drüberlaufen lassen, auspressen, so dass der Stoff noch gut feucht ist. Das Bügeleisen auf kleinste Stufe ("Wolle" oder "1") einstellen. Die betroffene Stelle mit dem feuchten Lappen etwas benetzten, dann den Lappen ein- oder zweilagig auf die Stelle legen. Und dann vorsichtig, nur mit sanftem Druck, an den Flächen in der Nähe der Schramme entlangfahren. Nicht zu stark drücken, um nicht die Kanten zu brechen oder neue Scharten zu verursachen.

Hier geht's der Zarge entlang...
... und hier von der Decke her.

Das wiederholt man einige Male, ohne zu großen Druck. Man sollte darauf achten, dass nicht eine Stelle punktuell zu warm wird. Der Sinn des Verfahrens ist ja einfach nur, die Feuchtigkeit etwas ins Holz einziehen zu lassen und die Quellwirkung auszunutzen und durch Erwärmung noch ein wenig zu verstärken. Und hier das Ergebnis:

Immerhin: die Macke ist nicht mehr so tief wie vor der Behandlung.
Auch die Seitenanzicht zeigt eine wieder fast gerade verlaufende Kante.
Auch die Spitze hat sich wieder etwas glätten lassen.
Leider ist was vom Lack beim Sturz abgesplittert.

Ganz ließ sich der Schaden nicht mehr beheben. Im Fall der Lovikaa hat sich der spröde Klarlack eher als hinderlich erwiesen: denn die Verformungen, Risse und Abplatzer bleiben halt sichtbar. Womöglich wäre das Verfahren bei einem nichtlackierten (z.B. geölten Instrument) noch effektiver.

Aber immerhin: aus einer scharfkantigen Macke ist durch die Behandlung eine akzeptable und kaum noch sichtbare Delle geworden. Die übliche Patina halt, die zur Geschichte eines Instruments, das benutzt wird, einfach dazugehört.

Text und alle Fotos: Peter Widenmeyer, 2015

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