Dienstag, 13. Januar 2015

Spezielle Bauformen

Diese Seiten hier befassen sich ja mit der finnischen Kantele. Gerade für die "kleinen" Kantelen (bis ca. 15 Saiten) ist typisch, dass die Saiten rechts durch eine Schlaufe am Saitenende am "Varras" aufgehängt werden (alternativ manchmal auch an einzelnen Metallstiften) und dann - ohne Steg und ohne Sattel - direkt auf die Stimmwirbel aufgezogen werden.


Traditionelle Bauweise einer fünfsaitigen Kantele.

Nun trifft man bei der Suche nach dem Stichwort "Kantele" oft auch auf Instrumente die ungefähr so aussehen:

Verschiedene "Kantelen" mit Steg und zum Teil auch mit Sattel.

Oft (aber nicht immer) werden diese Instrumente in pentatonischer Stimmung angeboten und vor allem als Instrumente für Improvisation und Meditation beschrieben. Verwendet werden sie oft auch in der anthroposophischen oder therapeutischen Musikpädagogik.

Nun möchte ich mit den folgenden Überlegungen überhaupt nicht werten - aber ich möchte zu bedenken geben, dass es sich hier nicht um die typisch "finnische" oder "baltische" Form der Kantele handelt.

Die Hauptunterschiede sind offensichtlich: meist verfügen diese Instrumente über einen Steg (hier im Bild jeweils links). Die Saitenenden (in aller Regel "Ball End"-Saiten) laufen oft durch Bohrungen in der Decke bis zur hinteren Zarge. Das ist - wie oben gesagt - nicht typisch für die finnische Kantele. Manche haben zu dem auf der Stimmwirbel-Seite auch noch einen Sattel (hier in der Grafik die oberen beiden Instrumente). Die Stimmwirbel selbst sind oft direkt in den Korpus eingelassen (während sich bei der finnischen Kantele der Bereich für die Stimmwirbel üblicherweise neben dem Korpus befindet).

Das hat natürlich Vorteile: einerseits wird es dadurch leichter, alle Saiten in der gleichen Höhe zu halten, indem man sie über Steg und Sattel laufen lässt. Möglicherweise überträgt sogar der Steg den Schall besser auf die (meist Fichten-)Decke, als es das klassische "Ponsi"-Ende tut.

Andererseits aber ist das Grundprinzip der finnischen Kantele ja gerade die Einfachheit ihrer Bauweise. Früher wurde oft der ganze Korpus samt Ponsi aus einem einzigen Stück Holz geschnitzt ohne dass irgend etwas drangeleimt wurde. Eine in Dur oder Moll gestimmte Kantele finnischer Bauart erlaubt viele verschiedene Spielweisen: Melodiespiel, Akkordspiel, Improvisation.

Wie gesagt - ich möchte nicht werten. Wer sich die Anschaffung einer Kantele überlegt, sollte sich jedenfalls über diese grundsätzlichen Unterschiede in Bauart und Verwendungsabsicht im Klaren sein.

Text und Grafiken: Peter Widenmeyer, 2015

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